© Josef Trattner II © Archiv Trattner

Interview mit Josef Trattner

Wir haben Josef Trattner zu seiner Ausstellung Josef Trattner. Donau-Sofafahrt (25.05.–13.10.2019) in der Dominikanerkirche interviewt. 

Sie wurden von Direktor Florian Steininger eingeladen, den zweiten Ausstellungsort der Kunsthalle Krems, die im 13./14. Jahrhundert erbaute und bereits im 18. Jahrhundert säkularisierte Dominikanerkirche, zu bespielen. Welchen Ansporn bot die sakrale Architektur für Ihre Arbeit?

Interventionen in historischen Räumen interessieren mich schon seit vielen Jahren. Das erste Projekt dieser Art, Barock in Progress, habe ich 1996 im Schloss Eckartsau realisiert. Die Dominikanerkirche wiederum erfordert äußerste Sorgfalt und subtiles Herangehen. Der Kirchenraum mit seiner Geschichte lässt vordergründiges Agieren nicht zu, sondern zwingt zu „zarter Sachlichkeit“ und Farbigkeit. Für Ausstellungen im herkömmlichen Sinne eignet sich dieser Raum nicht wirklich. Der Dialog mit dem Raum, den Farben und der Akustik steht im Vordergrund. Mich beschäftigten bei der Findung des Konzeptes besonders die eigene Akustik und die Einbindung vom Innenraum zum Außenraum. So ist der Fluss, die Donau, ein wesentlicher Bestandteil der Installation. Das Material Schaumstoff, das bei seiner Entstehung auch ein Fließen erfährt, zwingt sich inhaltlich nahezu auf.

Ihr bevorzugtes Material ist seit den 1990er-Jahren Schaumstoff. Ihre Antwort auf die Arte Povera?

Ich würde nicht meinen, dass es sich hier um billiges, „armes“ Material handelt, im Gegenteil: Schaumstoff ist ein teures und vergängliches Material und aus unserem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken. Der Umstand, dass ich zumeist „Abfälle“, Material verwende, das dem Recycling zugeführt wird, lässt es billig erscheinen. Für die Intervention in der Dominikanerkirche werden sehr aufwendige, extra zugeschnittene Materialien verwendet, die danach durch Recycling wieder eine andere Verwendung finden. Die Installationen sind zumeist Versuchsanordnungen, denen ein selbstreflexives, kritisches Potential eingeschrieben ist. Die Rezipient/innen sind zumeist aktiv am Projekt beteiligt.

Das leichte Material ermöglicht Ihnen auch, Ihr berühmtes rotes Schaumstoffsofa quer durch Europa zu transportieren. Worum geht es Ihnen bei den sogenannten Sofa-Fahrten, die auch in einer zweiten Ausstellung in der Kunsthalle Krems, Land Art (14.07.–03.11.2019), dokumentiert sind?

Mit den Sofafahrten wird der Versuch unternommen, neben den bildnerischen Qualitäten auch literarische, musikalische sowie architektonische Aspekte aufzugreifen und in das Projekt einzubringen. Das Reisen an sich wird zum künstlerischen Agieren. Verschiedene Disziplinen der Kunst werden zusammengeführt. Im Vordergrund stehen der Dialog sowie spontane musikalische Interventionen. Bei der Land Art Ausstellung in der Kunsthalle werden der Film Donausofa sowie Fotoarbeiten gezeigt. Zumeist werden die Projekte publiziert. Bislang sind sechs Bücher in der Editon Schlebrügge zu diesen Projekten erschienen.

Seit Jahren laden Sie verschiedene Persönlichkeiten auf das Sofa ein. In Krems werden Sie bekannte Gesichter der Stadt zum Gespräch bitten. Was erwarten Sie von Ihren Gesprächspartnern?

Ich erwarte mir einen regen Austausch über Kunst, Kultur und Politik. Schließlich ist Krems ein wesentlicher kultureller Standort in Niederösterreich. Gespräche mit den Kunstverantwortlichen werden an festgelegten Orten am Sofa geführt, aber auch Künstler/innen, die in Krems im Programm AIR - Artist in Residence Niederösterreich zu Gast sind, möchte ich zu Gesprächen auf das Sofa bitten und mit ihnen gemeinsam Krems erkunden.

Begleitend zur Ausstellung in Krems laden Sie verschieden Musiker/innen und Literat/innen zu Performances in die Dominikanerkirche. Wie spielen diese Aufführungen mit Ihrer Installation zusammen?

Ich arbeite seit vielen Jahren mit Musiker/innen und Literat/innen zusammen, allerdings fast ausschließlich im experimentellen Bereich. Die Interpretation, das Agieren an bestimmten, ausgewählten Orten verlangt äußerst hohe Empathie und Einfühlungsvermögen. Bei der Eröffnung am 26.05.2019 werden unter anderem Franz Hautzinger, Isabelle Duthoid, Burkhard Stangl, Angelica Castello und Cordula Bösze performen. Zudem gibt es drei Konzerte mit Anika Vavić, den Sofa Sufers und Harald Kimmig, Angelika Sheridan und Carl Ludwig Hübsch.

Ein Teil Ihrer Schaumstoff-Installation ist zerlegbar und lädt dazu ein, die Kunst zu berühren, ja, sogar sie auseinanderzunehmen. Welche Rolle spielt Interaktion in Ihrer Kunst?

Schaumstoff ist ein Material, das zum Agieren einlädt und so ist es auch angedacht. Die Besucher/innen werden zu Akteur/innen und somit Teil der Installation, sie performen mit. Von 2005 bis 2009 realisierte ich einmal im Jahr „T.JAZZ“ am Husarentempel bei Mödling. Das Projekt war darauf hin ausgerichtet, dass die Teilnehmer/innen die vorgefundene Installation auflösten und somit zu einem Teil der darauffolgenden Musik-Performance wurden. In der Dominikanerkirche wird dieses Konzept fortgeführt. Eine Skulptur kann von 250 Teilnehmer/innen aufgelöst werden und sie werden somit Teil der Aktion.

 

Bildcredit: Josef Trattner © Archiv Trattner

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